VVN-BdA Leipzig trauert um Anneliese Schellenberger

Mittendrin statt nur dabei!

So trifft man die Lebensmaxime von Anneliese Schellenberger am besten, die uns nach einem langen und ereignisreichen Leben verlassen hat.

Wir, die Mitglieder und Freunde der VVN-BdA Leipzig e.V., müssen Abschied nehmen von Anneliese Schellenberger (7.10.1929 – 28.1.2021).

Nun ist sie gegangen, im 92. Lebensjahr. Schon über 90 Jahre alt, mischte sie sich immer noch ein, eine Antifaschistin der ersten Stunde. Ein Schock für sie war 2019 die Aberkennung der Gemeinnützigkeit der Bundesvereinigung des VVN-BdA, sofort schrieb sie einen Protestbrief an den Leipziger „Kreuzer“.

Vorbild für ihren eigenen antifaschistischen Widerstand und den ihrer Schwester war ihr Vater Alfred Schellenberger. Er wurde gemeinsam mit anderen Leipziger Widerstandskämpfern von den Faschisten Anfang 1945zum Tode verurteilt. Die Ironie des Schicksals: Die Bombardierung Dresden am 13./14.Februar 1945, die Tausenden den Tod brachte, rettete ihm sein Leben – in den Wirren konnte er fliehen.

Deshalb war ihr zeit ihres Lebens nichts wichtiger, als eine friedliche, antifaschistische Gesellschaft in der DDR aufzubauen. Als Lehrerin war sie genau in diesem Sinne engagiert. Noch heute gibt es nicht wenige ehemalige Schüler, die sich gut an sie erinnern und sie verehren.

Im Bund der Antifaschisten Leipzig war sie von Anfang an dabei und auch im hohen Alter aktiv. Auch wenn es in den späten Jahren gesundheitliche Einschränkungen gab, das hinderte sie nicht daran, sich einzumischen.

Mit Aufkommen des Internets kam ihre Zeit, das Tor zur Welt öffnete sich auf neue Weise. Auch wenn sie zuletzt an die Wohnung gefesselt war, schuf sie sich einen aktiven Kreis aus alten und neuen Freunden.

Über den Kampf ihres Vaters hat Horst Gobrecht mit ihrer Unterstützung und auf der Grundlage von vielen Unterlagen das Buch “…und einen bescheidenen Beitrag“ geschrieben. Ebenso förderte sie aus Verbundenheit mit ihrer Geburtsstadt Wiesbaden und den Aktivitäten ihres Vaters dort ein Buch über die Antifaschisten Grete und Adolf Noetzel „und gingen aufrecht doch“.

Immer am aktuellen Geschehen, auch Sport, interessiert, war sie unermüdlich gesprächsbereit, mit unerschöpflichem Gedächtnis und großzügigigen Spenden für antifaschistische Projekte.

Im Jahr 2009 übergab sie der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora ein ihr nach dem Krieg anvertrautes, mutmaßlich von Bruno Apitz geschnitztes, Schachspiel. Jetzt gehört dieses Spiel zur Ausstellung in der Buchenwald-Gedenkstätte. Vor einiger Zeit hat Anneliese Schellenberger Pegida-Aufmärsche so kommentiert: „Früher haben die ja Uniformen gehabt, aber diese Art und Weise ist ähnlich. Die aggressiven Sprüche lassen nichts Gutes ahnen.“

Es ist in Annelieses Sinne, weiter und unermüdlich, nunmehr vereint mit vielen neuen und jungen Mitgliedern und im Bunde mit allen anderen Antifaschistinnen und Antifaschisten diesen verdammten Neofaschismus entgegenzutreten und ihre Geschichte weitererzählen.

Wir können stolz sein, ein Stück Weges mit ihr gegangen zu sein und werden ihr Andenken in Ehren halten.

Mit antifaschistischen Grüßen

Vorstand VVN-BdA Leipzig e. V.