Protestbrief aus Anlass des Entzuges der Gemeinnützigkeit des Bundesverbandes

Gott bewahre uns vor einem Kanzlerkandidaten aus Bayern
Als Tochter des antifaschistischen Widerstandskämpfers Alfred Schellenberger, Häftling im KZ Buchenwald, der vom faschistischen Volksgerichtshof  1944 zum Tode verurteilt worden ist, habe ich als Kind bei Verhaftungen die Brutalität der Nazis am eigenen Leibe erfahren.
Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten ( VVN-BdA) ist für mich ein Bund von Gleichgesinnten, die gemeinsam mit Sympathisanten den  mutigen Kampf der Widerstandskämpfer gegen die 12-jährige Nazidiktatur würdigen und alles daran setzen, sich dem aufkeimenden Faschismus entgegenzustellen.
Es macht  mir Angst, wenn ich um die Taten der Rechtsextremen, die besonders in Bayern geschützt, gehegt und gepflegt wurden ,weiß, die nach der politischen „Wende“ hier im Osten ihr Betätigungsfeld  gesucht und gefunden haben. Nach dem 9.November 1989 kamen mit ihnen in Leipzig die Reichskriegsflaggen auf die Montagsdemos.
Es ekelt mich an, gerade jetzt in den Medien zu vernehmen, daß persönliche Dinge von Hitler versteigert, zu Geld und zu Reliquien gemacht werden. Damit werden die Neonazis ideell unterstützt – aber man zeigt mit dem Finger auf die sogenannten Linksextremen !
Um dem VVN-Bund der Antifaschisten den Status der Gemeinnützigkeit zu nehmen, verlangt Bayern von Berlin, diesen Status zu streichen.
Diese Aberkennung der Gemeinnützigkeit wurde am Freitag, den 22.November 2019 in den Medien der Öffentlichkeit mitgeteilt: wegen angeblicher zu großer Nähe zum Linksextremismus…!
Dagegen protestiere ich hiermit auf das Schärfste !
Mein Fazit: Gott bewahre uns vor einem Kanzlerkandidaten aus Bayern !
 
A.Schellenberger, 90 Jahre, Leipzig

Online Petitionen für den Erhalt der Gemeinnützigkeit des Bundesverbandes

Mittlerweile existieren mehrere Petitionen für den Erhalt der Gemeinnützigkeit des Bundesverbandes

https://www.unteilbar.org/gemeinnuetzig/

https://www.openpetition.de/petition/online/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben

https://www.openpetition.de/petition/online/gemeinnuetzigkeit-fuer-vvn-bda-und-attac?fbclid=IwAR18NFWVW1D2MGmj5Y8vckifFw6fsidKcHIdjUOxQUqepVLX9aQ8_wIZIJQ

Aufruf: Gemeint sind wir Alle

Solidarität mit der Bundesvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e. V.! Wie die Bundesvereinigung heute bekannt gemacht hat, wurde ihr durch das Finanzamt für Körperschaften I des Landes Berlin die Gemeinnützigkeit Anfang November rückwirkend aberkannt. Die Bundesvereinigung ist daher in ihrer Existenz bedroht und mit einer hohen Steuerrückforderung konfrontiert.

Der VVN-BdA Leipzig e. V. als Mitglied des Landes- und Bundesverband des VVN-BdA und die unterschreibenden Vereine und Verbände erklären sich solidarisch mit der Bundesvereinigung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) e. V. und fordern die sofortige Rücknahme der entzogenen Gemeinnützigkeit für den Verein!

Wir Antifaschistinnen und Antifaschisten des VVN-BdA Leipzig erklären hierzu:

„Wir verstehen die Entziehung der Gemeinnützigkeit als direkten Angriff auf unsere antifaschistische Arbeit, die in Zeiten des organisierten rechten Terrors durch den NSU, der Gruppe Freital oder einem antisemitischen und rassistischen Anschlag wie dem von Halle umso notwendiger geworden ist. Wir sind nicht bereit hinzunehmen, dass unser Engagement behindert oder verunmöglicht wird: sei es in der Erinnerungsarbeit an die Verbrechen des Nationalsozialismus aber auch als Bündnispartner*in bei den Protesten gegen PEGIDA/Legida und gegen die AfD als ‚den parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus‘ oder andere rassistische und neofaschistische Gruppen.“

Grundlage der Entscheidung des Berliner Finanzamtes ist die Darstellung des bayrischen Verfassungsschutzes, die Landesvereinigung Bayern der VVN-BdA sei „linksextremistisch beeinflusst“. Trotz wiederholter gerichtlicher Anfechtung dieser Aussage durch die bayrische VVN-BdA sowie andere durch die Einschätzung diskreditierte Landesvereinigungen wird mit diesem Bescheid der Bundesvereinigung die Arbeitsgrundlage entzogen.

Noch verheerender ist die Umkehr der Beweislast in der Argumentation des Bescheides: Nicht Finanzamt oder Verfassungsschutz müssen beweisen, dass ein Verein verfassungswidrig handelt, sondern die Organisation muss ihre Verfassungstreue beweisen. Wie soll das gehen? Es braucht Rechtssicherheit für die Vereine, wie dies von der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“, der die Bundesvereinigung der VVN-BdA auch angehört, seit langem gefordert wird. Hier Finanzminister Olaf Scholz aufzufordern tätig zu werden, fällt uns angesichts der heutigen Berichte über dessen Pläne das politische Engagement von Vereinen de facto zu bestrafen, schwer.

Antifaschistische Bildungs- und Aufklärungsarbeit ist wichtig und notwendig! Und dazu gehört auch die Arbeit des Verfassungsschutzes zu kritisieren und seine Abschaffung zu fordern. In Sachsen scheiterte der VS mit dem Versuch alternative Jugendkultur als linksextremistisch zu kennzeichnen, wie die erfolgreiche Klage der Bands Dr. Ulrich Undeutsch, east german beauties, Endstation Chaos und One Step Ahead kürzlich zeigte.

Erfolgreiche Klagen gegen die Nennung im VS-Bericht sind das eine. Das andere die Aufforderung  an Gemeinden und Städte bei geplanten Kulturveranstaltungen die kriminalisierenden Auskünfte des VS zu hinterfragen.

Die VVN-BdA hat seit ihrer Gründung vor mehr als 70 Jahren wichtige Erinnerungsarbeit geleistet. Sie hat Gedenken initiiert und gegen das Vergessen der nationalsozialistischen Verbrechen protestiert. Unser Verband – gegründet von Widerstandskämpfer*innen und Überlebenden der Vernichtungspolitik der Nazis und ihren Angehörigen – hat sich um deren Belange in den letzten Jahrzehnten gekümmert. Und wir werden diese Aufgabe auch weiterhin für die letzten Überlebenden des NS-Terrors aber auch die Angehörigen der zweiten und dritten Generation tun!

Wir fordern die sofortige Anerkennung der Gemeinnützigkeit für unsere Bundesvereinigung und die Rücknahme des Entzuges!

Wir fordern Unterstützung und Anerkennung für alle Gruppen und Initiativen, die – wie wir – mit großem ehrenamtlichen Engagement unsere Gesellschaft gegen rassistische, antisemitische, neofaschistische und menschenfeindliche Angriffe verteidigen!

Antifaschismus ist nicht kriminell und nicht extremistisch – Antifaschismus ist extrem wichtig!

Mitzeichner:

Gruppen / Initiativen:

AKuBiZ e. V., Pirna
Attac Leipzig
Bildungsverein Parcours e. V.
BO Wilder Osten
Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e. V. (DFG-VK) Landesgruppe Ost
DIE LINKE. Leipzig Anger-Crottendorf / Reudnitz / Thonberg
DIE LINKE. Leipzig
Dr. Margarete Blank Gedenkstätte Panitzsch
Erich Zeigner Haus e. V.
Erinnern an NS-Verbrechen in Leipzig e.V. / Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig
FAU Leipzig
Friedensweg Leipzig e. V.
Friedenszentrum Leipzig e. V.
Jule Nagel (MdL) / Linxxnet
Jusos Leipzig
Landesverband Sachsen der Sozialistischen Jugend – Die Falken
Leipzig nimmt Platz
Netzwerk für Demokratische Kultur e. V., Wurzen
Prisma – interventionistische Linke Leipzig
Roter Stern Leipzig
Radsportgruppe Roter Stern Leipzig
Rote Wende Leipzig
sLAG – sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
Stadtbezirksverband DIE LINKE. Leipzig Ost

Einzelpersonen:

Luise Neuhaus-Wartenberg (MdL, Dritte Vizepräsidentin des sächsischen Landtages)
Franz Sodann (MdL, Sprecher für Kulturpolitik, Verbraucher*innenschutz, Gedenk-/Erinnerungskultur, Denkmalschutz)
Monika Lazar (MdB, Bündnis 90 / Die Grünen)
Sören Pellmann (MdB, Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Leipziger Stadtrat)
Dr. Adam Bednarsky (Vorsitzender DIE LINKE. Leipzig)
Stefan Hartmann (Vorsitzender DIE LINKE. Sachsen)
Susanne Schaper (Vorsitzende DIE LINKE. Sachen)
Richard Gauch (Leipzig korrektiv)
Evelyn Bohnhardt
Henry Lewkowitz
Dr. Volker Külow
Christian Schäfer
Uwe Fiedler
Marco Rietzschel (Vorsitzender Jusos Leipzig)
Hans-Peter Scholz
Steffi Deutschmann
Steffen Kloetzer
Ralph Rüdiger (Verein „Perspektiven für Kinder auf dem Westbalkan e. V.“)
Alexander Schestag
Matthias Oertl
René Golke
Mike Nagler
Martin Pecher
Manfred Hoene
Claudia Würfel
Hans Wienhold
Margitta Hollick
Linda Peters

Mitgliederversammlung 2019

Heute fand im Erich-Zeigner-Haus die jährliche Mitgliederversammlung mit turnusmäßiger Wahl des neuen Vorstandes und Verabschiedung der neuen Satzung statt, welche u. a. die Namensänderung in VVN-BdA Leipzig (vormals BdA Leipzig) beinhaltete. Bestätigt im Vorstand wurden als gelebte Doppelspitze Klaudia Naceur und Lars Klaus Aßhauer, Gustav Peinel (Schatzmeister), Daniela Schmohl und Irene Gräber. Großer Dank für die die geleistete Arbeit gilt Christine Bohse, die nach langer Vorstandstätigkeit sich aus diesem verabschiedete, aber uns weiter aktiv erhalten bleibt. Den Gewählten wurde alles Gute und viel Erfolg bei der bevorstehenden Arbeit gewünscht.

Kein Vergeben! Kein Vergessen! Nie wieder!

Auch dieses Jahr beteiligen wir uns wieder an der gemeinsamen Gedenkaktion „Mahnwache und Stolpersteine putzen“ vom Erich- Zeigner Haus e.V. und ließen kein Gras über die Geschichte wachsen. Wir erinnerten und gedachten der Opfer, um Vergangenes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Die Intention der Veranstaltung ist das Gedenken an die Opfer der Reichspogromnacht am 9. November 1938. Diese Pogrome bildeten einen weiteren Höhepunkt der beispiellosen Verfolgung und Entrechtung von Mitbürgerinnen und Mitbürgern im gesamten ehemaligen Deutschen Reich. Die Einzelschicksale hinter den Stolpersteinen erinnern uns daran, dass wir nicht vergessen dürfen wohin Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz führen können. Das Bewusstsein für die Vergangenheit begründet die Notwendigkeit und die Wichtigkeit für unser gemeinsames und öffentliches Eintreten für Demokratie, Weltoffenheit und Zivilcourage. Da der 9. November in diesem Jahr auf den Sabbat, einen jüdischen Feiertag, fällt, wurden alle Gedenkaktionen, Mahnwachen und das Stolpersteine Putzen auf den Freitag, den 8. November, verlegt. Damit sich auch die Mitglieder der israelitischen Religionsgemeinde an den Aktionen beteiligen können, fanden zudem alle Veranstaltungen zwischen 11 und 18 Uhr statt.